Heute blieb das Coworking länger hell als die Straße. Der Ventilator machte dünnes Meer, die Tastatur roch nach warmem Kunststoff und Pfefferminztee. Als ich das Licht ausknipste, lag der Flur wie ein angehaltener Atem vor mir. Ich nahm mir vor, heute nichts zu retten, was bis morgen warten kann. Ein Vorsatz mit kurzer Leine, aber immerhin eine Leine.
Draußen klebte der Asphalt. Ich fuhr mit dem Rad die Weser entlang, nur die beleuchteten Wege, Ampeln zählen wie Gebete: Rot, Rot, Grün. Die Stadt machte dieses metallische Nachtgeräusch, das nur im Sommer existiert. Zwei Jugendliche sprangen vom Steg, es roch nach Algen und Grillkohle. Mein Schatten fuhr neben mir her wie jemand, der zuhört, ohne zu raten.
Sicherheitsreflexe als Routine, nicht als Drama: Ich stecke die Kopfhörer weg, lasse das Handy griffbereit, halte am Kiosk kurz an, um die Menschenmenge im Blick zu haben. Kein Heldentum. Nur kleine Vorkehrungen, wie die Hand am Geländer auf alten Treppen. Heute kein Standort-Link, nur später ein „bin da“ an eine Freundin. Anwesenheit als leiser Punkt am Satzende.
Vorhin habe ich einem Kunden „morgen früh“ geschrieben und nichts dazu erklärt. Der Satz stand da, selbsttragend, und ich stand mit. Es ist seltsam, wie sehr sich der Körper daran erinnert, wer über ihn verfügt. Die Schultern wurden leichter, als hätte jemand das unsichtbare Rucksackgestell gelockert. Ich atmete in die Lücken hinein, die die E-Mails offenließen.
Auf der Brücke blieb ich stehen. Die Stadt lag da wie eine Maschine, die gerade in den Leerlauf fällt. Lichter woben sich in die Wasseroberfläche, und der Fahrradweg war ein Nähfaden, der alles zusammenhielt. Eine Möwe schrie, beleidigt von der Schönheit, und ich musste lachen. Ich aß einen Pfirsich, der zu reif war, der Saft lief bis zur Handwurzel. Es fühlte sich an wie ein kleiner Freispruch.
Zu Hause schob ich das Rad in den Hof, schloss ab, ließ den Schlüssel eine Sekunde zu lange in der Hand. Die Wohnung war dunkel, aber nicht leer. Ich stellte Wasser an, schrieb „bin da“ und merkte, wie der Ton im Raum sich veränderte. Kein Echo, nur Gegenwart. Ich legte das Telefon weg und ließ den Rest unkommentiert. Morgen ist früh genug, die Welt wieder zusammenzubauen.